Viva España — Ein kleiner Reisebericht (2)

Im Mai zog es mich mit meinem Kumpel Christoph einige Tage in Spaniens Hauptstadt Madrid. Hier verbrachten unsere Freunde Chrissi und Tobi ein Auslandssemester. Wir hatten somit das Glück, von Ortskundigen auf die wirklich sehens- und probierenswerten Dinge hingewiesen zu werden und uns gleichzeitig um die typischen Touristenfallen herumzumogeln. Es folgt ein bebilderter Reisebericht.

  1. Madrid: Tag 1
  2. Madrid: Tag 2
  3. Toledo: Tag 3
  4. Madrid: War noch was?

Tag 2

¡Buenos días Museo del Jamón!

Buntes Viertel
Das ist kein Schinkenmuseum!

Der Tag beginnt für madrilenische Verhältnisse früh. Weil mir das Frühstück im Hostel nicht ausgiebig genug ist — hartes Brötchen, wässrige Orangenlimo, eingepackte Kekse, zimmerwarme Milch, nur der Kaffee ist außerordentlich genießbar und stark — drängele ich schnell aufzubrechen. Wochenlange wurde mir im Vorfeld der Reise vom Schinkenmuseum erzählt, wobei ich mir wenig darunter vorstellen konnte. Dort will ich jetzt hin! Schinkenmuseum, zu spanisch Museo del Jamón, so heißen die Filialen einer McDonald’s-artig betriebenen Metzgerei-Imbiss-Kette (nein, mir fällt kein anderes beschreibendes deutsches Substantiv ein), die man an jeder Ecke der Stadt findet. Hier bekommt man nur das feinste vom Oberschenkel des Schweins, Schinken in rohen Mengen. Meine Empfehlung ist croissant mixto planchado — ein in der Sandwichpresse zermatschtes, mit Schinken und überbackenem Käse belegtes Croissant. (Das Foto links oben zeigt übrigens kein solches Schinkenmuseum 😉 ) Bevor wir gegen Mittag unsere Teilzeit-Gastgeber wiedertreffen, nutzen wir die Zeit, um noch ein wenig durch die Gassen des Stadtteils zu schlendern.

Durch enge Gassen

Straßenputz in Madrids GassenObwohl Franco im spanischen Bürgerkrieg zwischen 1936 und 1939 Madrid bombardieren ließ, finden sich heute noch viele enge Gassen, die auf beiden Seiten von hohen Häusern begrenzt werden. Hier, im Schatten der Häuser, den wir zur Mittagszeit schätzen lernen, spielen sich viele Szenen ab, die in den Augen eines Kurzzeitbesuchers typisch für die Stadt sind. Es ist gegen 11 Uhr und alles ist noch ruhig. Die Madrilenen nutzen die kühleren Abendstunden, um Dinge zu erledigen, die sie in der Mittagshitze nicht schaffen. Bald aber erwachen die ersten Gewerbetreibenden und beginnen die Straßen zu putzen. Im Gegensatz zu Deutschland, wo bestenfalls vor der Tür gekehrt wird, rückt der Wirt hier mit Schlauch und Wischmopp an und poliert, bis auch der letzte Schmutz der vergangenen Nacht im Gulli verschwunden ist. Schwer vorstellbar, dass in Madrid Wasser eigentlich recht rar sein soll. Neben dem besagten Museo del Jamón finden sich hier viele kleine Obst&Gemüse-Läden, Metrostationin denen wir zu besonders günstigen Preisen Früchte der Saison kaufen. Die Mandarinen und Erdbeeren schmecken derzeit hervorragend. Ein ganz anderes Bild vermitteln die engen Gassen bei Nacht. Sobald die Sonne gnädig untergegangen ist, zieht es die Menschen auf die Straße. Gerade in Lavapiés und rundherum um den Plaza Santa Ana und am Sol tummeln sich dann die Nachtschwärmer in Bars und Clubs oder eben einfach unter freiem Himmel. Hier geht keiner früh zu Bett.

Der große Marsch

Las Ventas

Stierkamparena Las VentasWir treffen Chrissi und Tobi gegen 13 Uhr. Auf dem Plan steht heute ein ausgedehnter Spaziergang durch die Stadt. Erster Anlaufpunkt ist ein Ort, der so typisch für Spanien ist und dennoch national und international auf immer mehr Kritik stößt. Die Rede ist vom Stierkampf. Die Metro bringt uns etwas weiter nach Norden zur Station Ventas. Las Ventas ist der Name von Madrids großer Stierkampfarena, der größten Spaniens und eine der größten weltweit. Der gewaltige Bau beeindruckt mich. Ein monumentales Amphitheater aus rotem Backstein mit großzügigem Vorplatz und doch so trauriger Bestimmung. In einigen Tagen finden hier zu Ehren das Stadtheiligen San Isidro wieder Stierkämpfe statt und neben den zahlreichen getöteten Stieren, sollte es auch wieder zwei Toreros erwischen.

Rio Manzanares

Riesenrad beim MataderoNachdem wir das Gebäude einmal umrundet haben, steigen wir wieder in die Metro und fahren nach Süden. Das Ziel heißt Matadero, ein ehemaliger Schlachthof, der heute für diverse Veranstaltungen benutzt wird. Da gerade Stadtfest in Madrid ist, erwarten wir hier einiges zu sehen. Aber wir sind zu früh. Die Madrilenen bauen noch auf und es wirkt nicht so, als würden sie damit vor Einbruch der Dämmerung fertig werden. Einzig und allein ein Riesenrad wartet schon geduldig im Sonnenlicht auf die Gäste, die später sicher hier die Nacht verbringen werden.Matadero Weiter geht es zum Ufer des Rio Manzanares, Madrids Fluss. (Ja, auch Madrid liegt an einem Fluss.) An diesem Teil des Flussufers entlang haben sich die Madrilenen ein weiteres Kleinod zur Entspannung und für Freizeitaktivitäten geschaffen. Unser Weg ist gesäumt von bunt bepflanzten Gartenanlagen, futuristischen Brückenkonstruktionen, Wasserspielen und Eisdielen und führt uns zur nächsten Station, dem Estadio Vicente Calderón, Stadion von Atlético Madrid. Tobi ist völlig fußballverrückt Am Ufer des Rio Manzanaresund erzählt von allerhand Spielen, die er schon besucht hat. Ihn bewegt die Frage, ob wohl das nahende spanische Saisonfinale um die Meisterschaft hier live übertragen wird. Seine Frage bleibt unbeantwortet, aber Atlético sollte einen Tag später spanischer Fußballmeister werden… Eine andere Geschichte.

Schlosspark und Rückweg

Eine moderne BrückeUnser Weg führt uns nun an Hotels jenseits und großen Wohnblöcken diesseits des Ufers vorbei Richtung der Parkanlage des Königspalasts. Leider schmerzen hier unsere Füße vom langen Spaziergang schon so sehr, dass wir den Park nur auf der Suche nach einem Ausgang durchqueren, um letztendlich festzustellen, dass er nur einen öffentlichen Zugang besitzt. Campo del moro im SchlossparkWir umrunden daher den Park von außen, durchqueren Konzerte und Festmeilen des Stadtfests und machen Halt bei einem Jugend-Futsal-Turnier. Hier bin ich erstaunt über die Spritzigkeit und Ballgewandtheit der Spieler und denke mit Sorge an die (damals) noch anstehende Fußballweltmeisterschaft. Sorry, Spanien… aber das wurde dann ja nix ;). Erstaunt stelle ich fest, dass das Fußballfeld überhaupt nicht mehr weit von Chrissis und Tobis Wohnung entfernt ist. Dorthin retten wir uns nun, um vorm Gang zum Abendessen bei einem der vielen Restaurants von Lavapiés etwas Erholung zu genießen. Die Füße glühen. Am Ende des Tages rechnet uns mein GPS-Tagger vor, dass wir knapp 20km gelaufen sind.

— Ein paar weitere Fotos des zweiten Tages. —